Arbeit und berufliche Beschäftigung haben günstige Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Umgekehrt ist eine lang andauernde Arbeitslosigkeit mit negativen Folgen verbunden und kann zu einem Verlust der Tagesstruktur, zur Ausdünnung sozialer Kontakte, zu finanziellen Schwierigkeiten, gesellschaftlicher Stigmatisierung oder einer Verminderung des Selbstwertgefühls führen. Damit kommt der (Wieder-)Erlangung einer Beschäftigung für den Recovery-Prozess eine hohe Bedeutung zu. Gleichzeitig können sich mit dem Wunsch nach einer beruflichen Beschäftigung auch Ängste und Zweifel hinsichtlich einer möglichen Überforderung und einem (erneuten) Scheitern für die Betroffenen verbinden. Entscheidend für ein Gelingen sind geeignete Ansätze und unterstützende Maßnahmen, welche als Maßnahmen zur beruflichen Teilhabe bzw. zur Teilhabe an Arbeit bezeichnet werden.
Als Maßnahmen zur beruflichen Teilhabe werden alle psychosozialen Interventionen verstanden, die auf eine Verbesserung der Arbeits- und Beschäftigungssituation psychisch kranker Menschen abzielen. Synonym verwendet wird oft der Begriff der beruflichen Rehabilitation. Entscheidend ist eine frühe Einleitung von Maßnahmen.
Empfehlung der Leitlinie (Expertenkonsens):
Die Förderung beruflicher Teilhabe schwer psychisch kranker Menschen sollte darauf ausgerichtet werden, den Arbeitsplatzverlust zu vermeiden. Dazu bedarf es beim Auftreten psychischer Erkrankungen eines frühzeitigen Einbezuges entsprechender Dienste bzw. Hilfen.
Grob lassen sich zwei große methodische Ansätze der Arbeitsrehabilitation unterschieden:
Vorbereitendes Training | Unterstützte Beschäftigung (engl. Supported Employment) |
berufsvorbereitende Maßnahmen vorgeschaltet | rasche Arbeitsplatzsuche ohne lange Vorbereitungszeit |
schrittweise Vorbereitung auf den allgemeinen Arbeitsmarkt | Wahl und Präferenzen des Betroffenen als Entscheidungsgrundlage |
häufig unter "geschützten" Bedingungen | Arbeitsplatzsuche auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt |
häufig keine Begleitung nach Maßnahmeende | individuelle und zeitlich unbegrenzte Unterstützung am Arbeitsplatz (Jobtrainer) |
Behandlung und Rehabilitation nicht zwingend integriert | Integration von Behandlung und Rehabilitation |
große Vielfalt an Maßnahmen, die bisher wenig untersucht sind | standardisiertes Konzept, für dessen Wirksamkeit viele Befunde vorliegen |
Empfehlung der Leitlinie (starke Empfehlungsstärke):
Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen und dem Wunsch nach einer Tätigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt sollen im Rahmen der Förderung beruflicher Teilhabe Programme mit dem Ziel einer raschen Platzierung direkt auf einem Arbeitsplatz des allgemeinen Arbeitsmarktes und notwendiger Unterstützung (Supported Employment) angeboten werden.
Empfehlung der Leitlinie (mittlere Empfehlungsstärke):
Die Wirksamkeit von Ansätzen nach den Prinzipien von Supported Employment kann durch begleitende trainierende Interventionen erhöht werden. Diese sollten deshalb in Abhängigkeit der individuellen Bedarfe Anwendung finden.
Empfehlung der Leitlinie (mittlere Empfehlungsstärke):
Für schwer psychisch kranke Menschen sollten auch Angebote vorgehalten werden, die nach dem Prinzip „erst trainieren - dann platzieren“ vorgehen. Diese sind insbesondere für die Teilgruppe schwer psychisch kranker Menschen ohne Präferenz für eine sofortige Beschäftigung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bedeutsam. Ziel ist die Platzierung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt mit Unterstützung.
Empfehlung der Leitlinie (Expertenkonsens):
Das Vorhandensein einer abgeschlossenen Ausbildung ist als Grundlage für die Teilhabe am Arbeitsleben für Menschen mit schweren psychischen Erkrankungen von enormer Wichtigkeit. Daher sollten reguläre schulische, akademische, betriebliche und besondere Ausbildungsangebote wohnortnah und mit entsprechenden flankierenden Unterstützungsangeboten zur Verfügung stehen.
In Deutschland gibt es ein umfassendes, sehr differenziertes System an Angeboten zur beruflichen Rehabilitation psychisch kranker Menschen. Im Folgenden wird ein Überblick angestrebt:
„Ich wünsche mir mehr Informationen über die psychische Erkrankung, über deren Ursachen, Verlauf und Behandlungsmöglichkeiten."
Psychoedukation & TrialogSelbstmanagementSelbsthilfe-GruppenPeer-Arbeit
„Ich wünsche mir, stärker in alle Entscheidungen zur Behandlung und Unterstützung eingebunden zu sein."
„Ich wünsche mehr, über Behandlungsmöglichkeiten meiner psychischen Probleme zu erfahren.“
Gemeindepsychiatrische BehandlungPsychoedukation & TrialogKünstlerische TherapieBewegungs- und Sporttherapie
„Ich wünsche mir eine individuelle Unterstützung im Rahmen meiner Wohnsituation."
"Ich wünsche mir mehr Unterstützung, um einer beruflichen Tätigkeit nachzugehen, die meinen persönlichen Neigungen und meinen Vorstellungen entspricht."
"Ich wünsche mir eine stärkere Einbindung in das soziale Leben und mehr Kompetenzen, Beziehungen mit anderen Menschen in Familie, Freizeit und Beruf zu leben."
Training sozialer FertigkeitenSelbsthilfe-GruppenTagesgestaltung & KontaktfindungBerufliche Teilhabe
"Ich wünsche mir mehr Unterstützung in der Beziehungsgestaltung und der Sorge um meine Kinder."
"Ich möchte mein allgemeines Wohlbefinden und meine körperliche Gesundheit verbessern."
Bewegungs- und SporttherapieGesundheitsförderliche Interventionen