Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen

Psychische Erkrankungen gehen oft mit vielfältigen Belastungen einher. Erreichen sie eine gewisse Schwere und Dauer, verbunden mit Einschränkungen in den verschiedenen Lebensbereichen (Familie, Freunde, Arbeit, Wohnen, Freizeit), spricht man von schweren psychischen Erkrankungen.

Neben körperlichen Behandlungsmethoden (z.B. Medikamenten) und Psychotherapie (z.B. Verhaltenstherapie) stellen psychosoziale Therapien eine wichtige Säule in der Behandlung dar. Psychosoziale Therapien zielen auf verbesserte Möglichkeiten für die Betroffenen, mit einem Höchstmaß an Selbstbestimmung in ihrem sozialen Umfeld zu leben und am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben.

Allgemeine Informationen zu TheraPart

Was ist TheraPart?

TheraPart steht für: Psychosoziale Therapien für eine verbesserte Partizipation (Teilhabe) am gesellschaftlichen Leben

  • TheraPart ist die Online-Informationsplattform der Patientenleitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen", die allen Interessierten kostenfrei zur Verfügung steht.
  • TheraPart zeigt auf, welche psychosozialen Interventionen in der Behandlung schwerer psychischer Erkrankungen wirksam und hilfreich sind.
  • Die aufgeführten Informationen basieren auf wissenschaftlichen Befunden, die in der dazugehörigen Behandlungsleitlinie aufgeführt sind.
  • Darüber hinaus weist TheraPart auf relevante Behandlungs-, Beratungs- und Versorgungsangebote innerhalb der deutschen Versorgungslandschaft hin.

An wen richtet sich TheraPart?

TheraPart richtet sich an Menschen mit schweren und anhaltenden psychischen Erkrankungen und deren Angehörige. Menschen, welche

  • an einer psychischen Erkrankung (z.B. Schizophrenie, schwere Depression, bipolare Störung, Angststörung, Persönlichkeitsstörung) leiden,
  • bereits über längere Zeit erkrankt sind und
  • durch die Erkrankung erhebliche Einschnitte in ihren Lebensalltag erleben.

Häufig erfahren die Betroffenen neben starken seelischen Beschwerden zahlreiche Einschränkungen in verschiedenen Lebensbereichen wie Familie, Ausbildung, Beruf, Wohnen oder der Freizeit. Neben den erhöhten Risiken für soziale Isolation, Arbeitslosigkeit und unbefriedigender Wohnsituation, finden sich in dieser Patientengruppe gleichfalls erhöhte Risiken für eine finanzielle Not, für zusätzliche körperliche Erkrankungen oder begleitende Suchtprobleme.

Auch die Angehörigen dieser schwer und chronisch erkrankten Menschen sind mitunter großen zusätzlichen Belastungen ausgesetzt. Gleichzeitig sind sie oft wichtige Stützpfeiler in der Behandlung und können ebenfalls wichtige Informationen bei TheraPart finden.

Um welche Behandlungen geht es bei TheraPart?

  • Psychosoziale Therapien gehen weit über „reine Behandlungsmaßnahmen“ hinaus. Bei der Umsetzung dieser Therapien wird der erkrankte Mensch in seiner Gesamtheit und in seinem sozialen Gefüge mit all seinen Wünschen, Zweifeln, Hoffnungen und Zielen berücksichtigt.
  • Dabei stehen weniger die Diagnose und die Behandlung der Krankheitszeichen im Vordergrund, sondern eine verbesserte Teilhabe der Betroffenen am gesellschaftlichen Leben und ein Höchstmaß an möglicher Eigenständigkeit.
  • Psychosoziale Therapien finden sich über alle Behandlungs- und Versorgungszusammenhänge (z.B. in der Klinik, in der Arztpraxis, im Wohnheim, am Arbeitsplatz, zu Hause) hinweg. Es muss davon ausgegangen werden, dass Teilhabe umso besser gelingen kann, je näher die Behandlung in das Lebensumfeld einer Person rückt.

Was kann TheraPart leisten?

  • TheraPart ist eine reine Informationsplattform. TheraPart ist kein Selbsthilfeprogramm und kann auch keine persönlichen Gespräche mit dem Arzt oder anderen Behandlern ersetzen.
  • Die Nutzung von TheraPart ist kostenfrei und anonym.
  • TheraPart möchte dazu ermuntern, sich aktiv an der Behandlung zu beteiligen, Entscheidungsprozesse im Behandlungsverlauf aktiv mitzugestalten und erforderlichenfalls nach möglichen regionalen Therapieangeboten zu fragen.

Wer hat TheraPart entwickelt?

  • Die Entwicklung von TheraPart ist eingebettet in ein größeres Forschungsprojekt, in dem die Umsetzung der S3-Leitlinie "Psychosoziale Therapien bei schweren psychischen Erkrankungen" untersucht wird (Implementierung der Patientenleitlinie Psychosoziale Therapien für Patienten mit
    schweren psychischen Erkrankungen (IMPPETUS)). IMPPETUS wird im Rahmen des Innovationsfonds des Gemeinsamen Bundesausschusses gefördert und in Kooperation mit verschiedenen Forschungseinrichtungen und Kliniken in Deutschland unter der Leitung von PD Dr. Markus Kösters und Prof. Dr. Thomas Becker von der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie II der Universität Ulm (Bezirkskrankenhaus Günzburg) durchgeführt.
  • Initiator und Herausgeber der zugrunde liegenden Behandlungsleitlinie ist die Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN). Die DGPPN ist die größte und älteste wissenschaftliche Vereinigung von Ärzten und Wissenschaftlern, die in Deutschland auf den Gebieten Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde tätig sind.
  • Neben der Behandlungsleitlinie ist eine Patientenleitlinie entstanden, deren Inhalte auf dieser Informationsplattform aufbereitet worden sind. Die Patientenleitlinie und TheraPart wurden federführend durch Dr. Uta Gühne vom Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) an der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig unter Beteiligung von Betroffenen- und Angehörigenvertretern entwickelt.

Wie ist TheraPart aufgebaut?

  • Die Hauptnavigation findet sich auf der Startseite von TheraPart. Von hier gelangen Sie in die vier Bereiche, in denen Sie Hintergrundinformationen, Handlungsempfehlungen sowie weiterführende Informationen finden:
    • Grundlagen psychosozialen Handelns
    • System-Interventionen
    • Einzel-Interventionen
    • Selbsthilfe
  • Über eine thematische Hilfe, die Sie am rechten Seitenrand des Bildschirms finden, können Sie direkt nach relevanten Informationen zu Unterstützungsmöglichkeiten im Bereich psychosozialer Therapien suchen. Sie können dabei folgende, Sie selbst interessierende Bereiche ansteuern:
    • Wissen und aktiver Einbezug in die Behandlung
    • Behandlung
    • Wohnen
    • Bildung und Arbeit
    • Familie und soziale Beziehungen
    • Körperliche Gesundheit

Hintergrund: Leitlinien, Empfehlungen und Empfehlungsstärken

  • Behandlungsleitlinien geben den gegenwärtigen Erkenntnisstand eines Fachgebietes wieder, aus dem Behandlungsempfehlungen abgeleitet werden. Sie sollen Unterstützung bei der Entscheidungsfindung für eine angemessene Behandlung geben. Dennoch sind die Empfehlungen einer Leitlinie nicht zwingend verbindlich. Jede Patientin und jeder Patient bringt seine eigene Krankengeschichte, eigene Voraussetzungen und Wünsche mit, die bei der Wahl der Behandlungsform(en) Berücksichtigung finden sollten.
  • Die Behandlungsempfehlungen beruhen auf der Grundlage klinischer Studien, deren Ergebnisse systematisch aufbereitet worden sind. Für die Wirksamkeit der einzelnen Therapien liegen unterschiedlich viele bzw. mehr oder weniger aussagekräftige Studien vor. Dementsprechend zuverlässig oder unzuverlässig lassen sich Aussagen zu deren Wirksamkeit ableiten. Dieser Umstand spiegelt sich in der Empfehlungsstärke einer Empfehlung wieder. Daneben sind andere Faktoren von Bedeutung, die die Stärke einer Empfehlung beeinflussen, z.B. die Behandlungszufriedenheit der Patientinnen und Patienten. Man unterscheidet demnach unterschiedlich starke Empfehlungen (folgende Tabelle).
  • Daneben enthält die Leitlinie Statements, die wichtigen Aussagen gleichen, aber im Entwicklungsprozess der Leitlinie keiner gemeinsamen Abstimmung bedürfen.
Übersicht Empfehlungsstärken
"Soll"- EmpfehlungStarke Empfehlung, für die sehr gut abgesicherte Studienergebnisse vorliegen. Die meisten Patienten sollen die Therapie erhalten.
"Sollte"-EmpfehlungMittlere/abgeschwächte Empfehlung, für die Ergebnisse aus gut durchgeführten Studien vorliegen. Nach Abwägung medizinischer Gründe und/oder Patientenpräferenzen sollte ein Teil der Patienten die Therapie erhalten.
ExpertenkonsensEin Expertenkonsens beruht auf einer breiten Übereinstimmung von Experten. Studien in diesen Bereichen liegen kaum vor.
StatementZentrale Aussage. Eine Abstimmung hierzu ist nicht erfolgt.

Grundlagen psychosozialen Handelns

In der Behandlung von Menschen mit psychischen Erkrankungen spielen Grundhaltungen und die Gestaltung therapeutischer Beziehungen aller Beteiligten eine bedeutende Rolle. Damit bilden diese eine Grundlage täglichen Handelns in psychiatrisch-psychosozialen Handlungsfeldern.

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System-Interventionen

Mit System-Interventionen werden komplexe psychosoziale Interventionen verstanden, die sich auf wichtige Bereiche wie Wohnen, Arbeit und Behandlung richten und an deren Umsetzung unterschiedliche Fachleute gleichzeitig aus Medizin, Psychologie, Sozialarbeit etc. beteiligt sind.

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    Einzel-Interventionen

    Einzel-Interventionen werden hier als psychosoziale Interventionen verstanden, die in der alleinigen Verantwortung von unterschiedlichen Behandlerinnen und Behandlern an ganz unterschiedlichen Orten (z.B. Klinik, Arztpraxis, Ergotherapiepraxis, Wohnheim) durchgeführt werden können.

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    Selbsthilfe

    Viele Betroffene und Angehörige suchen im Umgang mit der psychischen Erkrankung nach Selbsthilfe. Die Möglichkeiten sind hier breit. Neben den Selbsthilfe- und Angehörigengruppen, können auch schriftliche Patientenratgeber, Online-Trainingsprogramme oder Möglichkeiten der Genesungsbegleitung Hilfe bieten.

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    © Universität Leipzig. Medizinische Fakultät Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP)